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Geschichten aus den Grenzlanden

#11
Sommer. Drittes Jahr


Es war gefühlt schon eine Ewigkeit her als sie das letzte mal schwimmen gehen konnte.Finja hatte ihr genau das bis auf den Sommer verboten und ständig etwas von Entzündungen und Erkältungen gejammert und das sich Hedera ja nicht mal vorstellen könnte wie das wäre wenn man nicht mal mehr sitzen konnte vor schmerzen. Was technisch richtig war: Hedera konnte sich das tatsächlich nicht vorstellen, da sie von Haus aus eher heißblütig war und Kälte nur selten als unangenehm empfand. Um so mehr freute sie sich gerade über das kalte Flusswasser, in dem sie mal wieder etwas schwimmen konnte.
Nicht weit und nicht lange Strecke, dafür reichte der kleine Seitenarm nicht, aber mehr traute sie sich auch nicht zu. Sie wusste, wie reißend die Flüsse rund um Fichtenhall sein konnten und hatte wenig Lust davon einfach weggetragen zu werden, sollten ihre Kräfte nicht reichen. Schon ganz andere Übermutigen hatten sich daran versucht den Fluss zu durchschwimmen und wurden jäh weggerissen vom Ufer und zu viele davon hatte man nie wieder gesehen. Hedera war durchaus mutig, aber sicher nicht lebensmüde und wusste genau, welche Kämpfe sie ausfechten konnte und welche nicht. Der Fluss war ein klares Nein. Jetzt im Sommer ging es vielleicht, weil die Schneeschmelze schon lange vorüber war und die Trockenzeit der Berge eingesetzt hatte. Daher hatte der Fluss einen deutlichen Niederstand. Aber auch dann wollte Hedera es nicht wagen. Sie hatte Angst vor Springfluten, die hier immer wieder mal passieren konnten. „Wenn sich in den Bergen mit Dauerschnee eine Lawine löst”, hat einer der Holzfäller ihr erklärt. Gab es Schnee, der Tatsächlich dauerhaft liegen blieb und selbst im Sommer nicht schmolz?[Bild: BSX0xsAONYkD6NAtlClRHTNsoPmD4ybki7ofdt3g...GOfL5RXzMQ]
Auch eine der Sachen, die sich Hedera nur schwer vorstellen konnte, ebenso wenig wie man Haustiere essen konnte. Sie hatte schon von einigen Leuten im Dorf gehört die ohne weiteres ihre Haustiere aßen, aber die junge Frau hatte dafür kein Verständnis. Haustiere gehörten zur Familie, Farmtiere waren etwas anderes. Aber Es war für sie Merkwürdig wie man an einem Tag seinen Hund streicheln konnte und mir ihm jagen geht und am nächsten Tag Hundesteak essen konnte. Sicher Hedera war ein Opportunist beim essen, wie die meisten in ihrem Alter, war sie sicher nicht mäkelig, aber auch sie hatte so etwas wie Prinzipien was sie nicht essen wollte wenn es irgend einen anderen Weg gab. Hund, Pferd, Katze und auch kleine Vögel und Tauben wollte sie lieber nicht essen. Dafür gab es viel bessere Alternativen, selbst eine Paste aus Kräutern und Trockenbrot war ihr lieber als bestimmte Tiere zu essen, aber das war ihr eigenes „Problem“. In Extremfällen aß sie natürlich fast alles, aber es gab ein paar Sachen, die wollte sie nicht.
Pilze. Sie mochte keine Pilze, bis auf ein paar Ausnahmen, wie Pfifferlinge oder das, was die Leute als Hühnerpilz bezeichneten. Wenn sie darüber nachdachte, .. so schlimm war das hier im Norden gar nicht. Es gab bis in den Winter eigentlich immer etwas zu essen, wenn man nur wusste, was man essen konnte, und das wusste sie dank ihrer Ausbildung, da ein großer Teil davon auch in der Heilerstube genutzt wurde.
Langsam bekam sie Hunger, wo sie so über essen nachdachte. Auch im Sommer gab es im Wald recht viel zu essen, wenn man nicht all zu mäkelig war und sie konnte ja auch jederzeit nach Hause gehen. Die alte Heilerin hatte immer einen Topf mit Eintopf neben der Feuerstelle. „Du weißt nie in welchem Zustand deine Patienten kommen und eine warme Mahlzeit lässt jeden sich besser fühlen“, hatte sie dazu mal erklärt und Hedera fand das sehr richtig. Manchmal kamen einfache Kuriere nach Fichtenhall die einfach nur ausgehungert oder erschöpft waren und schon nach einer Schale Eintopf wieder auf den Beinen waren. Ob das nicht eine Suppenküche für die Armen wäre, hatte Hedera mal gefragt und die Heilerin hatte nur gelächelt. „Vielleicht. "Aber wer hierher kommt, will Hilfe und ich will helfen." . Manchmal war Hedera von der Alten beeindruckt, auch wenn sie in letzter Zeit oft aneinander gerieten, in letzter Zeit weil man Hedera in die Kirche zwingen wollte, wogegen sie sich mit Hand und Fuß wehrte. Als sie heute nach Hause kam, schnappte sie sich von Zuhause noch etwas Trockenfleisch auf dem sie gemütlich herum kaute als die alte Dame freudestrahlend in die Stube kam, auf die frage was sie so fröhlich machte hätte Hedera fast ihr Trockenfleisch verloren vor Schreck.
Die alte Schreckschraube hatte sich angemaßt einen Gatten für Hedera zu suchen und hatte jemanden gefunden der Hedera heiraten wollte. Vor Schreck und Entsetzen stand Hedera da und wusste gar nicht was sie tun oder sagen sollte, wären die Heilerin von dem fremden Mann erzählte der einige Dörfer weiter leben sollte und fast doppelt so Alt war wie Hedera. Je mehr die Alte erzählte, umso übler wurde Hedera die immer noch still und wie angewurzelt dastand. Als Finja in die Stube kam, sie war gerade noch bei einem älteren Mann der kaum noch aus dem Haus kam, wusste diese erst mal gar nicht was los war als Hedera sie fast mit Panik ansah. Es dauerte einige Momente und einige Sätze der alten Dame ehe ein so lauter Streit ausbrach das selbst Leute vom Markt kamen, aus Angst das jemand gleich Verletzt wurde. Hedera starr vor Angst stand in einer Ecke der Heilerstube während Finja ihrer Lehrerin einen verbalen Einlauf verpasste. Zwei Wachen brachten die Frauen langsam auseinander. Hedera flüchtete sich in die Wohnstube zu Arti der die Aufregung nicht verstand aber sich um Hedera rollte als diese versuchte in seinem Fell zu verstecken.[Bild: DWJ-S7ekOstiDblhShpOpN_QGRCfa3h4kx-wfXcS...c-mp0ioxhA]
Finja kam etwas später mit einer Wache, die sie erst einmal baten, zu Hause zu bleiben, bis sie sich beruhigt hatte. Lange war sie fluchend hin und her gelaufen in der Stube, bis sie sich langsam wieder gefangen hatte. Erst dann hatte sie wieder Zeit und Kopf um sich um Hedera zu kümmern, die immer noch bei Arti lag und still in dessen Fell weinte. Versprechend, dass so etwas niemals passieren würde, niemand hier hatte das Recht, sie einfach wie eine Ware zu verkaufen/verheiraten, schon gar nicht gegen ihren Willen und noch weniger an einen Fremden in einem anderen Ort.
Stunden später kam die alte Dame zu Finja und beide gingen zusammen weg. Hedera schlief irgendwann vor Erschöpfung bei Arti ein, der wie ein Beschützer über sie wachte und auch niemanden in die Stube ließ, bis Finja nach langer Zeit, weit in der Nacht wieder kam. Erst das beruhigte den Bären endlich, der erst dann Hedera wieder frei ließ, damit Finja sie langsam ins Bett bugsieren konnte.
Am nächsten Tag erklärte Finja ihr: Die Alte hatte es eigentlich nur gut gemeint, nur dabei völlig vergessen, woher Hedera kam und ihre Vergangenheit. Sie dachte, es wäre für Hedera besser, in einem reichen, sicheren Dorf zu leben, bei besseren Leuten, wo sie nicht jeden Tag so viel Arbeiten müsste. Aber Hedera hatte solche Angst schon wieder verkauft zu werden, dass sie einfach nur noch starr vor Angst war und bei Arti Schutz gesucht hatte, als Finja ihr Ruhe verloren hatte. Sonst schrie Finja mit niemandem herum, doch das hatte ihr selbst Angst gemacht, dass die letzten Jahre von einer dummen Idee so zerstört worden waren. Hedera hatte doch endlich Vertrauen gefasst und sich hier wohl gefühlt. Sicher hatte sie auch mal gejammert, wie jeder andere Jugendliche, aber niemals ernst und auch nie ihre Pflichten empfindlich vernachlässigt. Finja hatte solche Angst, dass Hedera wieder wegrennen und ihr Vertrauen in andere Menschen wieder verlieren könnte, dass sie sich nicht mehr beherrschen konnte.
Auch die Alte kam am nächsten Tag etwas verschämt in die Wohnstube, an diesem Tag hatte Hedera es nicht geschafft Mut zu finden in die Heilerstube zu gehen, also war sie selbst gekommen. Mit ein paar Keksen und einem Kännchen Tee um sich zu Entschuldigen. Sie hatte es nicht böse gemeint, oder gar wollte sie Hedera verkaufen, sie hatte nur Vergessen das Hedera nicht aus Fichtenhall stammte, oder eher generell nicht aus den Grenzlanden. Eigentlich wollte sie ja nur das beste für die junge Frau und hatte gedacht das sie es dann leichter hätte, als bei einer alten Frau und Finja.
Es dauerte noch ein paar Wochen, bis Hedera wieder Mut fand, in der Heilerstube ihren Aufgaben nachzugehen, aber auch bis sie sich sicher war: Sie wollte nicht weg und sie wollte sicher auch nicht heiraten.
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#12
Herbst. Drittes Jahr.


Arti war schon schläfrig und träge geworden, dieses Jahr etwas früher als die letzten, aber es wurde auch schon kühler Nachts.
Die Sonne brauchte alle Kraft um den Tag zu erwärmen. Heute war es wieder etwas wärmer als die letzten Tage, aber immer noch so kühl das Finja sie nicht ohne eine Jacke aus dem Haus lies, nichts was sie störte, manchmal hatte ihre Pflegemutter? Nein das klang immer noch irgendwie falsch, große Schwester klang einfach besser. Jedenfalls hatte sie oft gute Ideen und die Jacke war eine davon. Hedera atmete tief durch als sie sich umsah. Sie liebte die Wälder hier einfach, nicht wie zuhause wo sie keine 10min alleine sein konnte weil ständig jemand unterwegs war. Hier hätte sie Tage verbringen können, ohne auch nur einen Menschen zu treffen.
Heute hatte sie sogar einen Auftrag bekommen: Der Lockenfarn war leer und sie sollte neuen holen, wenn sie welchen fand. Mit einer Zeichnung und einer groben Richtung war sie schon eine Weile unterwegs. Immer wieder blieb sie stehen und sah sich um. Jetzt im Herbst rannten die Wildschweine als Rotte durch die Wälder und rannten einfache Leute wie Jägern einfach um, wenn sie sie trafen. Hedera hatte keine Lust in eine solche Stampede zu geraten, also lausche sie immer wieder nach, auch im gehen.
nach ein paar Stunden ohne Erfolg setzte sie sich auf einen Felsen und griff in ihren Rucksack nach etwas Trockenfleisch. Es war einfach nur gewürztes Fleisch das man zum trocknen in dünnen Scheiben aufgehängt hatte. Hedera liebte dieses Zeug fast noch mehr als Eichel Kekse. Es machte lange satt und man hatte keine klebrigen oder dreckigen Hände. Aber es machte Durstig.
Nach 2 Streifen Trockenfleisch und einer halben Flasche Wasser ging sie weiter, wich Jägern und anderen Leuten in den Wäldern in großen Bögen aus und suchte nach der Stelle, wo der Farn wachsen sollte.
Ein paar Spuren im feuchten Boden zeigten ihr, dass sie von hier an vorsichtiger sein musste: Wölfe und Bären waren hier vorbeigekommen und da Hedera nicht genau sagen konnte, wann das war, würde sie lieber etwas Vorsichtiger sein. Allerdings half ihr die Spur auch dabei in etwa zu bestimmen wo sie war, denn die meisten Raubtiere hielten einen gewissen Abstand zu den Dörfern und Wegen, vor allem während es in den Wäldern noch so voller Futter war. Im Winter kamen die Wölfe aus dem Wald und versuchen, auf den Wegen und Feldern etwas zu finden. Aber auch das war eher selten, da es sich meistens um sehr kleine Rudel aus verhungerten Tieren handelte. Die größeren Rudel blieben in den Bergen oder zogen ihrer Beute südwärts hinterher. Sie riskierten nur selten die Wege der Jäger, vor allem seit diese auf Wölfe schossen.[Bild: BwHPrxvXS07H0Y7bTDNSKej98qeS-YJAh1ce4R6c...nr1HN101Uw]
Hedera tat jeder Wolf leid der Geschossen wurde, denn die meisten Jäger weigerten sich das Fleisch zu benutzen und ließen die toten, gehäuteten Tiere einfach im Wald zurück. Das fand sie grausam. Es war schlimm genug, einen Wolf zu schießen, aber dann nicht das Leben zu würdigen, in dem man nicht alles mitnahm und verwendete, das war nicht in Ordnung.
Sie seufzte und merkte, dass ihr Atem zu weißem Eis gefror. Wann war es so kalt geworden? Etwas nervös sah sie sich um, war sie in die falsche Richtung gegangen? Schnell prüfte sie Sonne und ihre eigenen Fußabdrücke. Nein, sie ging immer noch nach Osten, vielleicht hatte ihr das Wetter nur einen Streich gespielt?
Sie schüttelte den Gedanken ab und zog ihre Jacke etwas enger und suchte weiter nach der Farnstelle. Der Wald hier war ihr sowohl bekannt, als auch unbekannt. So weit ging sie normalerweise nicht alleine. Schon gar nicht dort entlang. etwas weiter nördlich lag DER Steinbruch. Sie schüttelte sich und ging bei dem Gedanken direkt ein Stück südwärts.
Vielleicht war es der Wind der sie Ablenkte, oder das Geheul in weiter ferne, oder vielleicht war es auch das Moos gewesen, aber sie rutschte ab. Einen kleinen Abhang hinunter wo sie benommen liegen blieb. Ein bisschen dauerte es bis sie ihre Umwelt wieder halbwegs unverzerrt wahrnahm. Sie war den Abhang runter, hatte versucht sich an einem Haselstrauch abzubremsen, aber war dabei mit dem Rücken gegen einen Baum geschlagen, was sie kurz außer Gefecht gesetzt hatte.
Sie war im Wald, da waren die Spuren ihres Unfalls noch, es waren wohl nur ein paar quälend lange Minuten gewesen, die sie gebraucht hatte. Denn die Sonne stand noch warm am Himmel. Langsam rappelte sie sich wieder auf und stellte fest, dass ihr Knöchel verdreht war. Ja, es schmerzte, aber sie drehte den Fuß wieder gerade. Ging, etwas scharf atmend, auf und nieder, um den Fuß vorsichtig zu belasten, nein, er war nur verdreht und die Muskeln etwas angefressen, gebrochen war nichts. Das würde sich bald wieder legen. Aber sie hatte scheinbar Glück im Unglück: Sie hatte die Stelle mit dem Farn gefunden. Hier in der Senke stand er massenweise. Nicht dass sie so viel gebraucht hätte. Sie nahm sich nur von jeder Pflanze ein paar besonders gute Triebe und grub eine der mittleren Pflanzen aus, um sie mitzunehmen. Es wäre nicht mal tragisch gewesen, wenn sie keinen Farn bekommen hätte. Sie benutzten ihn selten, aber er war ein gutes Mittel gegen Läuse und Flöhe. Sein Sud schien die lästigen Tiere abzuschrecken. Also nichts, was Seife und Waschen nicht auch getahn hätte. Aber er war effektiver. Sie schnappte sich was sie brauchte in ihren Rucksack, nahm sich noch zwei Streifen Trockenfleisch und trank den Rest ihres Wassers, ehe sie sich langsam auf den Rückweg machte. Etwas verdutzt guckte sie ihre Spuren an, war hier noch jemand unterwegs? Da war ein zweites Paar zu sehen. Es war natürlich möglich, dass sie diese vorhin gar nicht wahrgenommen hatte, also folgte sie den Spuren eine kurze Weile, die sie zu einer kleinen Höhle brachten. Etwas wog sie den Kopf hin und her, entschied sich dann aber schnell nach Fichtenhall zurückzukehren, die Pflanze in ihrem Rucksack würde sicher bald eingehen, wenn sie nicht wieder in Erde kam. Zuhause angekommen huschte Finja um sie herum wie ein aufgeschreckter Hund, tadelte sie für die Verletzung am Fuß, dass sie alleine losgezogen war und dann auch nicht um Hilfe gerufen hatte. Hedera nahm das recht gelassen einfach hin, sie kannte Finja jetzt schon lange genug, um zu wissen, dass sie einfach nur voller Sorge war. Den Farn grub dieses mal Finja ein, ebenso brachte sie die frischen Wedel zum Auskochen in die Heilstube, damit Hedera sich erstmal am Feuer wärmen konnte, ehe sie von ihrer Reise berichten sollte. Was sie auch tat.
Ein paar Tage später kamen ein paar Jäger auf sie zu. Sie hatte die Höhle gefunden, die Hedera den Jägern mitgeteilt hatte. Das war eigentlich Gang und Gebe: die Jäger erzählten ihr von interessanten Pflanzen und sie erzählten ihnen von Tierbauten und Pfaden. Sicher, da waren menschliche Spuren bei der Höhle gewesen, aber in erster Linie war eine Höhle groß genug für einen Bären. Etwas verwirrt guckte sie aber, als man ihr Diebstahl an den Kopf warf, denn die Höhle war etwa nicht von Tieren bewohnt, sondern von Kisten, die jemand dorthin geschleppt haben musste. Nichts wirklich Wertvolles an und für sich. Es waren hauptsächlich Vorräte wie Getreide, Leder, Stoffe, Pökelfleisch, Stroh, im Grunde alles Dinge, die man für den Winter lagerte.
Hedera war etwas entsetzt von den Vorwürfen, gab dann aber zu bedenken, dass es auf Grund der Menge der Kiste, selbst für sie fast unmöglich war, all diese Kisten unbemerkt aus Fichtenhall weg zu bringen und auch noch wozu? Sie hatte hier ihr Zuhause und ihre Nothöhle war wahrscheinlich ohnehin schon jedem Jäger hier bekannt.[Bild: D0KlfIpypPXTBNgDIotUaJUaj5nZ7JaY7XsMh4nX...duqiBCe6qA]
Außerdem war die Höhle für sie eigentlich viel zu weit weg, sie hatte sie ja selbst nur gefunden, weil sie den Farn gesucht hatte und warum sollte sie, selbst wenn es ihre Höhle war, den Jägern auch noch davon berichten. Sie schüttelte den Kopf und würde wohl auch Alfredo von der Geschichte erzählen müssen, bevor man ihr auch noch Vorwarf, wenn ein Schaf umfiel.
Es dauerte noch ein paar Tage ehe sie wussten was passiert war: Was sie gefunden hatte war nichts weiter als einer der Notfallspeicher die angelegt worden waren als man hörte die brennende Klinge wäre in der Nähe. einer von wahrscheinlich 5 weiteren. Die Jäger wussten darüber nichts auch die meisten anderen wussten nichts von den Speichern, nur der Vorstand des Dorfes und ein paar ausgewählte Wachen, die alle paar Tage mal nach den Vorräten sahen.
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#13
Frühling. Viertes Jahr.

In Fichtenhall ticken nicht nur Uhren etwas anders als überall sonst, sondern auch die Menschen und manchmal sogar die Tiere. Hier gibt es manchmal kein richtig und kein falsch und die Geschichten der einzelnen sind sehr viel komplexer als es auf den ersten Blick scheint. Wie die Geschichte mit dem verlorenen Mädchen des Holzfällers... Wie war ihr Name nochmal? Verdammt. Hedera schüttelte den Kopf, sie konnte sich Namen so schwer merken, dafür blieben andere Dinge immer sofort in ihrem Kopf wie verankert kleben, die sie gar nicht brauchte. Wozu muss man unbedingt 10 Wörter für Regen haben und nochmal so viel für Nebel? Sie schnaubte etwas Luft und ging weiter. Das Dort war in Aufregung. Die Geschichte mit dem Wolf hatte sich schon herumgesprochen und nicht selten rückten die Feuerkrähen aus und kamen wütend wieder.
Fichtenhall erfreute sich immer mal wieder Besuchern und Durchreisenden, und natürlich hörten auch Kinder die Geschichten vom Wolf. So kam es auch, dass sich oft Falschmeldungen verbreiteten und die Feuerkrähen lieber einmal zu viel, als einmal zu wenig ausrücken, um dem auf die Spur zu gehen. Es gab inzwischen sogar die Sichtungswette die versteckt in den Baracken aushing: Einmal die Woche wurde auf ein Tier gesetzt das als „Wolf“ beschrieben wurde und wenn es das war, bekam derjenige den Pot. Hederea, die ab und zu auch mal zum Wachdienst kam (insbesondere wenn wieder viele Krank wurden), wusste auch von der Wette und hatte das ein oder andere mal daran teilgenommen. Nicht das man sie hätte ernsthaft mitspielen lassen, nein, wenn sie gewann dann gab es halt ein Mittagessen oder eine neue Geschichte zum hören. Was ok war. Finja hätte ihr die Ohren bis zu den Schuhsohlen gezogen, wenn sie bei einem Glücksspiel um Geld mitgemacht hätte.
So war es einfach nur: Aus etwas Lästigem ein Spiel machen.
Diese Woche stand die Wette auf Bären, zwei hatten sogar Kaninchen genommen, vermutlich dieselben wie immer. Es gab offensichtlich 3 (4) Versionen von Wettbeteiligten: Den Logischen, der einfach das Logische nimmt; den Chaoten, der einfach irgendwas nimmt; und den Stammgast, der immer dasselbe nimmt, egal was passiert. Hedera gehörte zu den logischen Chaoten. Sie setzte ihre Wette eigentlich immer logisch und berechnend, aber manchmal war sie doch eben wie ein verspielter Welpe und brach völlig aus der Reihe.
[Bild: -h3X_frsbS56qSMB6gKieU3kST7iQT7Gz_E99pCM...WiLEJqdqiA]
Gerade war Hedera unterwegs, um wie eigentlich fast ständig im Wald nach Kräutern zu suchen, gerade jetzt, wo der Frühling nicht mehr weit war, wurde sie sehr häufig losgeschickt. Die alte Heilerin war immer ganz wild auf die jungen Frühlingssprossen der Bäume und Kräuter und sprach diesen sehr viel mehr Kraft zu. Irgendetwas von wiederbelebter Wald und die Stärke des ganzen Jahres in einem Halm, oder so.
Wo war sie eigentlich stehen geblieben? Achja, das Holzfällermädchen. Sie erinnerte sich an sie, aber nicht ihren Namen, ebenso wenig an den Namen des Holzfällers. Sie hatte wirklich Probleme mit Namen die mehr als einmal vorkamen und zu standardisiert waren in ihrem Hirn, aber Gesichter! Sie vergaß nur selten ein Gesicht. Geburtstage schien sie sich auch nicht merken zu können, oder Daten im generellen. Der Dorfprister hatte sie schon ein paar mal zum Zwangsunterricht abkommandiert, weil er es für seine göttliche Aufgabe hielt die Kinder zu unterrichten in Religion (also nur seine eigene) und Grundläufiger Geschichte, aber Hedera war so in beidem durchgerasselt, das der Mann nicht gerade zimperlich mit Finja geschimpft hatte. Gestern erst wieder. Sie hatte sich lange um diese Unterrichtsstunden drücken können, aber das biss ihr jetzt halt in die Hacken.
Sie seufzte und kehrte zu ihrem eigentlichen Gedankenthema zurück. Hedera konnte nicht gut mit Kindern, so gar nicht eigentlich, aber die meisten flogen auf sie wie Motten auf Licht. Immer wenn sie ins Dorf zurück kam hatte sie einen Fanclub der um sie rumschwänzelte. Das war unangenehm, aber auch der Grund, warum Hedera mitgeholfen hatte, die Kleine zu suchen. Irgendwie fühlte sie sich dennoch für ihren Fanclub verantwortlich, oder zumindest das ihnen nichts schlimmes passierte.
Es gab auch zwei Neue im Dorf, einer hatte sich schon zumindest bei den Tarvernenbesuchern einen schnellen Namen gemacht: Sie hatte den Namen nur schon wieder vergessen. Es war ein Geiger, der wirklich gut spielte und es des Öfteren zum Besten gab. Musik war in Fichtenhall fast schon exotisch. Sicher spielten oder sangen die meisten der Bewohner von Zeit zu Zeit, aber das lies sich nur selten als Musik erkennen, sondern hatte sehr häufig eher etwas von Religiöser Propaganda.
Etwas im Osten des Dorfes gab es eine kleine Wiese, dort hatte sich Hedera mit ein paar Wildtieren angefreundet. Ein paar Spatzen waren zumindest ihr gegenüber etwas aufgeschlossener, manchmal kam auch eine Elster dazu. Hedera hatte eigentlich immer ein paar Körner in den Taschen, zum einen weil sie das selbst gerne knabberte, zum anderen um wie jetzt auch die Vögel mit zu füttern. Noch kamen sie nicht immer auf die Hand, aber wenn sie ein paar Körner in die Wiese warf, kamen die Vögel, wenn sie da waren, schnell von den Bäumen, und hüpften durch das Gras auf der Suche nach den Leckerbissen.
Nicht so in letzter Zeit. Seit der Geschichte mit dem Wolf, trauten sie sich kaum überhaupt zu singen, geschweige denn von den Bäumen herunter. Über allem schien dieser Bedrohliche Schleier zu liegen.
Hedera wollte eigentlich nicht kämpfen, nicht wenn es einen anderen Weg gab.
Schon gar nicht gegen Tiere, auch nicht gegen DEN Wolf. Sicher würde sie sich und andere Verteidigen, das stand gar nicht zur Frage, aber angreifen kam nicht in Frage. Sie seufzte und suchte vergeblich nach ihren Vogelfreunden, ehe sie weiterging, um weiter Kräuter zu sammeln. Viel gab es noch nicht, seit ein paar Wochen fühlte sich der Frühling wohl vom Winter herrausgefordert und presste mit Kälte alle Pflanzen zurück in die Erde. Auch Hedera war kalt, daher wollte sie eigentlich lieber wieder nach Hause oder zu ihrer Höhle. Vielleicht sollte sie für heute einfach abbrechen, aber dann würde man sie bestimmt wieder zum Unterricht bei diesem bekloppten Priester verdonnern, darauf hatte sie noch weniger Lust.
Schlussendlich ging sie nach einem mehr oder weniger kurzen Spaziergang doch zurück um die Kräuter die sie gefunden hatte in der Heilerstube abzuliefern, und wie erwartet wurde sie direkt am Ausgang der Stube vom Priester erwartet und alles knurren half nichts, er packte sie am Handgelenk und schleppte sie zur Kirche. Dort hockten schon einige der Dorfkinder (ALLE deutlich jünger als Hedera) und sahen etwas bedröppelt aus der Wäsche, sie waren genauso gerne in diesen langweiligen Vorträgen.
„Man müsste sie an eine Bank fesseln!“, schimpfte der Robenträger häufig. Denn es war durchaus schon die Regel, dass Hedera versuchte in seinen Vorträgen das Weite zu suchen, was wohl auch der Grund war, warum inzwischen eine Wache vor der Kirche stand. Hedera schnaufte und ließ es halbwegs gefasst über sich ergehen, wenn auch nicht tonlos.
Was ihr auch nicht gerade Lob einbrachte, sondern eher eine weitere Folgepredigt. Gefühlte 3 Stunden später kam sie endlich aus dem Religionskerker heraus und konnte endlich nach Hause. Arti gings immer noch nicht besser und Hedera sorgte sich um ihren kleinen Bruder. Selbst frische Hasen und Fische schienen ihm kaum zu schmecken, auch frische Bäder die er sonst so mochte schienen ihm neuerdings eher lästig zu sein.
Die Schmuggler hatte man auch noch nicht gefasst, nur neue Pläne wurden ausgedacht, um sie endlich zu fangen, einen guten Ansatz hatten sie ja gefunden, dennoch war irgendwie alles beim Alten. Hedera nervte das, sie war zeitweise ein Nervenbündel, so sehr, dass sogar Finja sie mehr als einmal rausgescheucht hatte. „Geh dich abreagieren! Aber nicht hier!“.
Seitdem war Hedera auch wieder häufiger bei ihrer Höhle und werkelte dort herum. Dieser Frühling gab nichts wirklich freiwillig an Abenteuern her, schon gar nicht mit dem schweren Druck aus Wolfs Atem im Nacken. Alle waren besorgt und angespannt.
[Bild: 4f5_83o2aix8ftPL_t-py3pFluVcOBlpcjPGLMBn...Hkz_ec0tJQ]

Schmuggler in den Wäldern, vermisste Personen, Haldaren im Norden, Räuber im Süden und jetzt der riesige Wolf.
Die Haldaren und ihre Gebräuche waren für Hedera ein “nettes” Mysterium. Sie stellten erstmal keine unmittelbare Gefahr dar und ihre Art zu leben war für sie etwas Geheimnisvolles, aber auch sehr vertrautes. Sie hatten eine ganz eigene Art zu schreiben und zu leben, wenn auch nicht so unverwandt zu dem, was man schon kannte. Aber irgendwie haben sie es auch geschafft, dem Wolf auszuweichen und sich gegen ihn zu schützen. Immer wieder ging Hedera die wenigen Zeilen, durch die sie in den Splittern gefunden hatte, ohne wirkliche Antwort. Aber es war ein “schönes” Rätsel, das sie von der lauernden Gefahr etwas ablenkte. So hatte sie sich auch die Runen, die sie sich aufgezeichnet hatte, in die Wände ihrer Höhle geritzt und betrachtete diese oft lange und nachdenklich.
Sogar Hedera wusste kaum wohin mit sich oder ihren Sorgen. Hoffentlich wurde es bald besser?

Fortsetzung folgt?
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